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Magne Thormodsæter

norwegian // Bergen


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Himmlische Hochdruck-Mischung

Für viele sind die Welten des Jazz und der klassischen Musik parallele Linien, die sich niemals schneiden werden. Magne Thormodsæters treffend benanntes „L’arte della persuasione“ ist buchstäblich ein Versuch, die Hörerin vom Gegenteil zu überzeugen. In dieser 35-minütigen Geschichte in fünf Akten lässt der ECM- Veteran, Bassist und gefragte Session-Musiker ein hochkarätig besetztes Klassik-Ensemble gegen eine Jazzgruppe antreten. Das Resultat ist magisch und faszinierend unklassifizierbar.
Es war eine Art von Magie, die bis zum Schluß mit dem Risiko des Scheiterns behaftet war. „Ich habe Musiker aus diesen beiden Welten in einen Raum geführt und sie dort zum ersten Mal die Partitur spielen lassen“, berichtet Thormodsæter aus seinem Studio an der Universität Bergen, wo er als Professor unterrichtet. „Wir haben den Streichern Anweisungen mit klassischen Begriffen gegeben und dann darauf vertraut, dass die Jazzmusiker aus dem Moment heraus zu Lösungen finden. Ich wusste ehrlich gesagt selbst nicht, was dabei herauskommen würde.“ Er macht eine kurze Pause. „Es hat mich schon ziemlich nervös gemacht.“
Obwohl Thormodsæter „L’arte della persuasione“ vollständig durchkomponiert hat, spannt sein Ansatz eine Brücke zwischen kompositorischen und improvisatorischen Aspekten. Einerseits greift er die harmonische und melodische Sprache der geschriebenen westlichen Tradition auf. Gleichzeitig gibt die Partitur den Musikern an verschiedenen Stellen Hinweise – oder die Erlaubnis – spontan zu handeln, in enger Verbindung mit dem Leader des jeweiligen Abschnitts. Das Werk hat also einen modularen Bestandteil und keine Aufführung wird jemals genau gleich klingen.
Hinter dem spannenden Ansatz steckt ein denkbar einfaches Motto: Menschen treffen sich und Dinge passieren. So kam es dann auch während der Aufnahmen. Allmählich begannen die Musiker aufeinander zuzugehen und ihre anfänglichen Vorbehalte zu überwinden. Das Konzept zwang die klassischen Musiker zeitweise abseits der Partitur zu spielen und die Jazzmusiker, sich enger als je zuvor an sie zu halten. Mit zunehmender Dauer wurden sie so selbst zu Schöpfern und formten die Musik im Moment. Sie machten sie sich wahrhaft „zu eigen“.
„Als wir als Studenten an der Universität anfingen, führten die Klassik- und Jazz-Studenten ständig Diskussionen darüber, wer den Anspruch auf die höchste Kunst erheben dürfe“, erinnert sich Thormodsæter. „Wenn ich daran zurückdenke, war es wirklich albern.“ Für ihn ist der aktuelle Trend zur Einheit und Grenzüberschreitung ebenso aufregend wie eine logische Fortsetzung der Dekonstruktionen von Stravinsky und den Spätwerken von Miles Davis, auf die seine eigene Musik ebenso Bezug nimmt wie auf Bach.
Obwohl „L’arte della persuasione“ ein Experiment darstellt, fühlt sich das Ergebnis dennoch vollkommen organisch an. Vielleicht liegt das daran, dass die Kräfte der historischen Schwerkraft die parallelen Linien von Klassik und Jazz bereits seit über einem Jahrhundert biegen. Hier treffen sie nun endlich mit der vollen Kraft himmlischen Hochdrucks aufeinander.

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